Abstrahlung und
Reflexionen


Bella Luna
Schnitt 1

Furniere
Jupiter
Schnitt 2


HIGH END ´98, Frankfurt, Austellungskatalog S.346


Raumreflektionen

unerwünscht oder unverzichtbar ?


Die kontroverse und eher sporadisch geführte Diskussion unserer Hifi-Fachpresse über das Thema der Raumakustik verdeutlicht das Dilemma im Umgang mit dem räumlichen Hören. Der Akzent der Presse liegt auf der phasen- und zeitkonstanten Wiedergabe um das räumliche Abstrahlverhalten eines Lautsprechers bewerten zu können. Dieses ist eine fundierte Herangehensweise, allerdings wird die relevante Frage der Auswirkungen von Schallreflektionen auf die Wahrnehmung des räumlichen Hörens nicht konsequent geklärt.

Die Relevanz dieser Reflektionen zeigt sich erst bei dem Experiment, die Lautsprecher draussen, also im Freien spielen zu lassen. Sie werden erkennen, daß sich die Stereowiedergabe absolut auf die Lautsprecherebene reduziert und der räumliche Tiefeneindruck, der in ihrem Wohnzimmer so selbstverständlich ist, fehlt.
Spätestens jetzt stellt sich die Frage nach der Entstehung des von uns so geschätzten Räumlichkeitseindruckes bei der Musikwiedergabe über eine Lautsprecheranlage. Die Funktionsweise unseres Gehörs ist sicherlich nicht bis ins letzte Detail geklärt, da es sich um einen psycho-physischen Sinneseindruck handelt. Trotzdem werde ich an dieser Stelle eine simplifizierte Darstellung des räumlichen Hörens in Bezug auf die Raumreflektionen versuchen.

Eine Richtungsempfindung tritt auf, wenn ein Schallsignal zuerst an das eine Ohr und dann mit einer gewissen Verzögerungszeit an das andere Ohr gelangt. Unser Gehirn registriert den Zeitunterschied und kann dann ziemlich genau ermitteln, aus welcher Richtung das Signal stammt. Alle kurz darauf folgenden Schallsignale (z.B. Reflektionen bis ca 50ms) werden von unserem Gehör in einem extrem aufwendigen Auswertungsprozess dahingehend untersucht, ob sie in Beziehung mit dem ersten Signal gebracht werden können oder ob sie neue Signale enthalten. So wird praktisch in Echtzeit die Raumgröße und die Dämpfung des Raumes durch die minimal zeitverzögerten Schallreflektionen von unserem Gehör erfaßt und verleiht uns die Fähigkeit auf Anhieb ein Badezimmer von einer Halle oder einem bedämpften Wohnzimmer akustisch zu unterscheiden. Raumreflektionen sind also unentbehrlich zur akustischen Orientierung, wobei unser Gehör keine Reflektionen akzeptieren und auswerten kann, die aus der gleichen Richtung des Direktschalls kommen.

Um die auf Tonträgern enthaltenen Rauminformation in unser Wohnzimmer zu transportieren, sind wir demnach auf einen Hörraum angewiesen, er stellt quasi das akustische Projektionsfeld dar. Allerdings läßt sich nur durch ein gleichmäßig erzeugtes Schallfeld der Aufnahmeraum virtuell im Abhörraum erzeugen.
Ein Lautsprecher aber, der extrem bündelt, und somit kaum Indirektschall macht, bringt dem Zuhörer praktisch in einem Spotbeam Direkt- und Indirektschallanteile der Aufnahme aus einer Richtung zu Gehör. Das ist aber ein völlig unnatürliches Schallereignis, da die Indirektschallanteile der Aufnahme durch zeitliche Verdeckungseffekte (neudt.: Datenreduktion) von uns praktisch nicht mehr wahrgenommen werden können und in Folge als flaches Klangbild empfunden wird.

Kleine Zweiwegelautsprecher haben bekanntermaßen ein recht breites Abstrahlverhalten und zeigen deshalb eine Tiefenstaffelung. Der weltweite Erfolg und die Anerkennung einiger Vertreter der Spezies von Dipolstrahlern (Strahler 1.Ordnung) attestiert diesem System eine optimalere Umsetzung. Das Ideal aber ist eine Punktschallquelle (Strahler 0.Ordnung) mit einem logischerweise perfektem Rundstrahlverhalten. Ein Rundumstrahler kommt diesem Ideal am nächsten, es muß hier allerdings äußerst penibel darauf geachtet werden, daß dieser phasen und zeitkonstant abstrahlt, um die Rauminformationen nicht zu verschmieren.

Landläufige Einwände, daß Rundumstrahler dem Musiksignal durch die Raumreflektionen etwas hinzufügen würden, sind also aus Psychoakustischer Sicht absurd, denn das Gegenteil ist der Fall, erst wenn ein homogenes Verhältnis zwischen Schallsignal und Schallfeld gegeben ist, können Sie eine natürliche Musikreproduktion genießen.

Dipl. Ing. M.Duevel
CD Konzertmöbel



Literatur:
E. Zwicker: Psychoakustik (Springer, Berlin, Heidelberg, New York 1982)
J. Blauert: Räumliches Hören (Hirzel, Stuttgart 1974)
J. Blauert: Räumliches Hören, 2. Nachschrift (Hirzel, Stuttgart 1997)
G. Schwamkrug: Lautsprecher, Dichtung und Wahrheit (Elektor, Aachen 1986)

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