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Hörerlebnis 25


Lautsprecher: Jupiter von CD-Konzertmöbel

Einmal für immer

von Marco Kolks


Abgesehen von einigen völlig abgedrehten Designentwürfen verbinde ich mit Lautsprechern im allgemeinen schlichte rechteckige und wenig Aufsehen erregende Gehäuse. Im speziellen hingegen - und das seit neuestem - einen Rundumabstrahler aus Bissendorf bei Osnabrück, der in mir Assoziationen an afrikanische Kunstskulpturen weckt. (Übrigens kann man über das Aussehen trefflich streiten und besonders in diesem Fall werden sich die Geister scheiden). Die Produktbezeichnung lässt überdies auf ein gesundes Selbstbewusstsein der engagierten Entwickler von CD - Konzertmöbel schließen: Jupiter. Galt doch dieser römische Gott zweifelsohne als Mächtigster und Gewaltigster unter allen Vertretern der übermenschlichen Heerscharen sowie als höchster Garant der kosmischen Ordnung. So eine Namensgebung weckt bei mir Erwartungen, zumal mir eine eben solche ordnende Hand besonders bei komplexer Musik schon ausreichen würde. Dieser rund 65 Kg schwere und etwa 130 cm hohe Lautsprecher - das sei an dieser Stelle schon erwähnt - hat sie alle erfüllt.

Jupiter ist ein rundumabstrahlendes 2-Wege-Vollbereichshorn und unterscheidet sich daher grundlegend von herkömmlichen, direktabstrahlenden Konstruktionen. Die Idee dieses Prinzips ist es, den Schall über ein Spektrum von 360 Grad möglichst homogen in den Raum abzugeben. Damit liegt der Anteil des Indirektschalls, Schall der über Reflexionen an das Ohr gelangt, wesentlich höher als bei konventionellen Wandlern. Der Wirkungsgrad ist mit 92 dB angegeben und fällt vergleichsweise hoch aus. Damit kommen nämlich selbst schmalbrüstige Trioden als geeignete Spielgefährten in Betracht.

Oben auf der Box sitzt ein von vier Stangen gehaltener, abwärts strahlender Mittelhochtontreiber mit Alugussgehäuse. Die von außen nicht sichtbare Titanmembran misst 100 mm und wird von einem extrem starken Ferritmagneten kontrolliert. Für den Baß zeichnet ein um 180 Grad versetzter und nach oben gerichteter Lautsprecher (fast zehn Kilogramm schwer) verantwortlich. Zwischen den beiden Chassis übernimmt schließlich ein sich nach seinen Rändern hin stark verjüngendes, schallführendes Horn die Verteilerfunktion dieses klassischen Ringstrahlers.

Das Bassgehäuse basiert auf dem Helmholtzresonatorprinzip mit unterschiedlichen, jedoch genau definierten Tunneln. Die ausgeklügelten inneren Verstrebungen und Verschachtelungen lassen im Korpus aus hochverdichteten Birkenschichtholz (in Kombination mit mitteldichter Faserplatte) keine stehenden und damit klangverfälschenden Wellen zu. (Weit verbreitet sind Helmholtzresonatoren bei Lautsprecherherstellern, die Bassreflexboxen anbieten und dabei die bassunterstützenden Vorzüge einer solchen Bauweise einkalkulieren. Helmholtzresonatoren arbeiten übrigens sehr schmalbandig und müssen daher exakt berechnet werden.)

Jupiter Lautsprecher Zum Prinzip von Rundumabstrahlern : Nahezu einhellig streben alle Entwickler nach dem Ideal der punktförmigen Schallquelle. Doch kaum jemand bietet ein solches, in seinen theoretischen Anlagen sehr vorteilhaftes System an. Dabei ist es eine bekannte Tatsache, dass herkömmliche dynamische Lautsprecher besonders bei höheren Frequenzen starke Richtwirkung besitzen. Dieser Effekt wird besonders dann deutlich, wenn man sich hinter die Boxen stellt. Vom Hochtontreiber wird nichts dorthin abgestrahlt und vom Mitteltonchassis kommt auch nur wenig an. Nun spielen aber hohe und mittlere Frequenzen für das Ohr eine wesentliche Rolle beim stereophonischen und räumlichen Empfinden.

In diesem Zusammenhang drängen sich Überlegungen hinsichtlich Wirkungsweisen natürlicher Schallfelder von Instrumenten auf. Beispielsweise besitzt ein Konzertflügel eine extrem große Schallabstrahlungsfläche ohne eindeutige Richtwirkung. Es ist daher ganz egal, ob Sie links, rechts, vor oder hinter dem Flügel stehen, es klingt immer nach Flügel. Wenn trotzdem Klangunterschiede auftreten, sind diese nach meiner Erfahrung in erster Linie auf Raumeinflüsse, sprich Reflexionen zurückzuführen. Unser Gehirn registriert Laufzeitunterschiede noch im Millisekundenbereich und kann deshalb mit hoher Genauigkeit die Richtung eines Signals ermitteln. Alle kurz auf einen ersten Schall folgenden weiteren Signale (z.B. Reflexionen) werden automatisch in Beziehung mit der früheren akustischen Information gebracht und ihr gegebenenfalls zugeordnet. In Echtzeit, meint Entwickler Markus Duevel, wären wir in der Lage, Raumgröße und dessen Dämpfung durch die minimal zeitverzögerten Schallreflexionen zu erfassen. Raumreflexionen seien somit unentbehrlich für die akustische Orientierung, wobei anzumerken ist, dass unser Gehör keine Reflexionen auswerten kann, die aus der gleichen Richtung wie der Direktschall kommen.

Um die auf Tonträgern enthaltenen Rauminformationen in unser Wohnzimmer zu transportieren, sind wir auf ein akustisches Projektionsfeld, einen Hörraum, angewiesen. Allerdings lässt sich laut Duevel nur durch ein gleichmäßiges erzeugtes Schallfeld der Aufnahmeraum virtuell im Abhörraum erzeugen. Direktstrahlende und extrem bündelnde Lautsprecher projizieren folglich unnatürliche Schallereignisse, da die Indirektschallanteile der Aufnahme durch zeitliche Verdeckungseffekte nicht mehr wahrgenommen werden können und sich in direkter Folge als flaches Klangbild niederschlagen. Je besser nun das Abstrahlverhalten, desto überzeugender ist die Tiefenstaffelung. Beim Bau von Rundumabstrahlern muß dann allerdings äußerst penibel darauf geachtet werden, dass eine zeit- und phasenkonstante Abstrahlung gewährleistet ist, um die Rauminformationen nicht zu verschmieren. Erst wenn ein homogenes Verhältnis zwischen Schallsignal und Schallfeld gegeben sei, meint Duevel, sei auch eine natürliche Musikreproduktion möglich.

Messtechnikgläubige werden spätestens im Labor aufschreien. Im reflexionsarmen Raum kann bei der Bestimmung des Schalldrucks über der Frequenz nur ein verfälschtes Ergebnis herauskommen. Die herkömmliche Messung erfasst nur einen Teil der tatsächlich abgegebenen akustischen Leistung, der Schalldruck liegt folglich viel zu niedrig. Denn der gesamte rückwärtig abgestrahlte Schall wird ja vom Raum geschluckt. Es kann sogar zu unangenehmen Interferenzerscheinungen kommen, wenn seitlich abgestrahlter Schall noch in den Aufnahmebereich des Messmikrophons gelangt. Im Laufe der Jahre hat sich leider die konventionelle Bauweise mit großer Schallwand als "Industriestandard" durchgesetzt und klanglich überaus interessante Alternativen wie die Jupiter oder Dipolstrahler in einen zu unrecht kaum beachteten Exotenstatus verwiesen. Nicht ganz unschuldig daran ist auch die Fraktion der Toningenieure. Sie vertritt den Standpunkt, jede Tonaufnahme konserviere grundsätzlich Frontalinformationen, die dann spiegelbildlich -direkt also- reproduziert werden sollten. Insofern betrachten sie Dipol- oder Rundumabstrahler als Denkfehler, da diese in ihren Augen die Wiedergabe "zerflektieren".

Aufstellung: Am wohlsten fühlt sich dieser Lautsprecher in einem Hörraum mit einem Abstand von 75 cm zur Rückwand. Auch zu den Seiten hin ist eine zu enge Tuchfühlung nicht angebracht. Ein Anwinkeln, wie ich es sonst gerne praktiziere, ist auf Grund des Wandlerprinzips überflüssig. Zwar soll die Bodenplatte bereits entkoppelnde Wirkung aufweisen, doch sind klangliche Vorteile durch den Einsatz von Spikes (in diesem Fall acoustic balance) deutlich registrierbar.

Kommentar

Aus ihrer deutlichen Vorliebe zu Röhren macht die Jupiter keinen Hehl. Das Burmester- Equipment klingt sicherlich akzeptabel, doch reizt es diesen Lautsprecher nicht voll aus: ja,ja ... das altbekannte Interaktionsproblem. Diese Erkenntnis habe ich schmerzlich gewinnen müssen, als ein guter Freund meiner Familie einen betagten japanischen Vollverstärker und einen preiswerten CD-Spieler anschloß, um probezuhören. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Gespannen fallen derart gering aus, dass die um ein Vielfaches teurere Lösung in dieser Konstellation schlichtweg als Fehlinvestition gesehen werden muß. Der Austausch gegen eine Röhrenkette erwies sich als richtiger Schritt. Der Empfehlung von Manfred Claas von CD-Konzertmöbel, Trioden hinzuziehen, möchte ich nur bedingt folgen. Zweimal fünf Watt reichen aus, um hohe Zimmerlautstärken zu erreichen. Der Hoch- und Mitteltonbereich wird plastisch und völlig frei wiedergegeben, gleichzeitig leiden aber die tiefen Frequenzen. Ihnen fehlt dann der Druck, den dieser Wandler zu erzeugen locker in der Lage ist. Ein gutes Team bilden Jupiter und die Vor-/ Endverstärkerkombi von Beck, die gemeinsam den goldenen Mittelweg zwischen allen Extremen beschreiten. Ich ziehe daraus zumindest ein positives Fazit: Mit 28.000 DM ist die Jupiter alles andere als ein preiswerter Lautsprecher. Wer sich zu diesen finanziellen Klimmzügen durchgerungen hat, läuft allerdings nicht Gefahr, sofort auch viel Geld in die Elektronik investieren zu müssen. Mit durchschnittlichen Verstärkern lassen sich bereits erstklassige Ergebnisse erzielen. Natürlich gilt auch hier, je besser das Frontend, desto günstiger fällt das Endergebnis aus.

Auf Kabel reagiert dieser Lautsprecher sehr sensibel. Freundschaft schließt er mit acoustic balance oder den Reinsilberverbindungen von Dope Sounds. Je nach Anlagekonfiguration liegt die Trefferquote mit einem dieser beiden Vorschläge hitverdächtig hoch.

Um den Zugang zu dieser Art der musikalischen Wiedergabe zu finden, sind einige Hörstunden von Nöten. Bis bei mir der sprichwörtliche Knoten platzte, gingen Wochen in´s Land. Allerdings war es dann auch um mich geschehen. Gewöhnlich höre ich mein Standardrepertoire und notiere mir auf einem Block, was mir auffällt. Bei der Jupiter erwies sich dieses Vorgehen als sehr schwierig. Denn ich war immer wieder so tief in der Musik versunken, dass mich das Kratzen den Leerrille an meine Pflichten erinnerte. Ich habe abends alles um mich herum vergessen und mich zugegebenermaßen in die Leichtigkeit der Vorträge verliebt.

Räumlichkeit und Luftigkeit suchen ihresgleichen. Wer Wert auf solche Eigenschaften legt, kommt an diesem Rundumabstrahler nicht vorbei. Ich kenne in der Preisklasse der Jupiter keinen Lautsprecher, der ihr das diesbezüglich das Wasser reichen kann. Dabei ist die Wiedergabe ja im ersten Moment ungewohnt. Herkömmliche Systeme - möglichst auf die ideale Sitzposition (sweet spot) angewinkelt - sind direkter und vermeintlich packender. Im Vergleich wirkt die Jupiter distanzierter. Legt man aber das Original zugrunde, spielt der Rundumabstrahler aus Bissendorf oftmals ehrlicher. Überhaupt muß man sich immer wieder fragen, inwieweit heutiges Hifi sich der natürlichen Wiedergabe noch verpflichtet fühlt und nicht zu einem den Spieltrieb im Manne befriedigendes Spielzeug geworden ist. An dieser Stelle scheiden sich die Geister der Endverbraucher. Nicht alle werden bereit sein, sich von alten liebgewonnenen Gewohnheiten zugunsten einer neuen Erfahrung zu trennen.

Für den Handel indeß ergeben sich nicht von der Hand zu weisenden Vorteile. Mit der Jupiter ist es nämlich möglich, eine neue Kundenklientel zu gewinnen. Außerdem ist dieser Lautsprecher eine lohnenswerte Alternative zum bestehenden Angebot. Zugleich scheint der langfristige Erfolg programmiert zu sein. Denn wer sich für einen solchen Wandler entscheidet, wird über viele Jahre ein zufriedener Kunde bleiben.

Die Jupiter kommt übrigens mit jeder musikalischen Stilrichtung gut zurecht. Je komplexer aber das Geschehen, desto deutlicher setzt sie sich durch die betörende Räumlichkeit von den Mitbewerberinnen ab. Auch zeigt sie die Unterschiede zwischen digitaler und analoger Wiedergabe deutlich auf. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Bits und Bytes mit dieser Partnerin schon erstklassig aufwarten können.

Lori Lieberman kann sehr intensiv Balladen intonieren ( "gone is the girl", pope music im Vertrieb von good buy - Tel : 0711 - 241155), die zudem in erstklassiger Qualität aufgenommen sind. Die Stimme der Sängerin ("all over again") schwebt , löst sich vollständig von einschränkender Elektronik. Eine ungewöhnliche Ruhe hält gleichzeitig Einzug in meinen Hörraum. Der hier gewonnene Eindruck ist sehr schwer zu beschreiben, man muß ihn selbst erlebt haben, um in der Lage zu sein, ihn richtig zu werten. Direktabstrahlende Lautsprecher erzeugen, das zumindest beklagen sehr empfindliche Musikliebhaber, stets einen leichten Druck auf den Ohren des Hörers. Durch das rundum abstrahlende Prinzip erscheint die jetzt praktizierte Wiedergabe leichter, allerdings auch etwas distanzierter, was - bitte schön - nicht im Gegensatz zu natürlicher Musik zu sehen ist. Die von mir durch extremes Anwinkeln meiner anderen Wandler auf die Spitze getriebene Präzision lässt sich mit der Jupiter konstruktionsbedingt einfach nicht erreichen. In der Gesamtsumme ihrer Fähigkeiten gesehen, wirkt es aber sich nicht als Nachteil aus. Die Klangfarben sind stets angenehm warm, ohne dabei das gesamte Geschehen aufzudicken. Die Instrumentalisten nehmen feste, unverrückbare Positionen ein, was wesentliche zur Ruhe innerhalb des Klangbildes beiträgt.

Diese Erkenntnisse treffen gleichsam auf "Back to Back" von Duke Ellington und Johnny Hodges, einer exzellenten Einspielung von 1959 und jetzt remasterten Version (Verve) zu. Zwar lässt sich die getrennte Zwei-Kanal-Aufnahmetechnik dieser Epoche nicht vertuschen, doch gewinnt der lockere Blues - Swing - Stilmix an jener seltenen Ausstrahlung, die zu begeistern weiß. Das Altsaxophon von Johnny Hodges behält während aller Aufnahmen und Tonlagen sein natürliches Timbre. Das ist umso wichtiger, als der langjährige Wegbegleiter Duke Ellingtons die Melodieführung übernimmt.

Für mich ist die irische Sängerin Mary Black (Circus, Arcade LC 5896) ein wichtiger Prüfstein zur Einschätzung von Hifi - Komponenten. Ihre Lieder leben von der charismatischen Stimme. Selbst leichteste tonale Änderungen in der Wiedergabe machen sich als inakzeptable Eingriffein ein musikalisch sorgsam aufeinander abgestimmtes Ganzes sehr unangenehm bemerkbar. Derartige "Fehlinterpretationen" überläßt die Jupiter anscheinend gerne anderen. Auch jetzt wieder stellt sich diese schon fast unheimliche Räumlichkeit verbunden mit absoluter Akkuratesse ein. Dieser Lautsprecher verhilft wirklich zu absolut stressfreiem Hören.

Auf dem Teller des Piano Forte dreht sich LA4 " Just Friends". Das massive Laufwerk habe ich in Verbindung mit dem SME V und dem Rohmann von Ortofon in den letzten Monaten schätzen und lieben gelernt. Tief grollend steht der Baß in der Mitte zwischen den Lautsprechern. An dieser Stelle ist mir - allerdings zum ersten mal - aufgefallen, dass ich eigentlich in tiefen Regionen doch noch einen Tick mehr Druck bevorzuge. Wer hingegen nicht immer auf kleine Nuancen hören muß, dem wird sicherlich nichts fehlen.

Ich habe in vielen Wochen keine echten Schwächen bei Jupiter ausmachen können. Ganz im Gegenteil, wenn überhaupt vermeintliche Schwächen vorhanden schienen, handelte es sich dabei wohl eher um meine bisherigen zumindestens in einigen Punkten überdenkenswerten Hörgewohnheiten. Gerne gebe ich deshalb zu: dieser Wandler hat mich begeistert.

Fazit: Die, die den gemeinsamen Weg mit der Jupiter in eine klangliche gehaltvolle Zukunft gehen, legen das Thema Lautsprecher ad acta. Sie kaufen einmal und für immer. Und sie werden sich garantiert von konventionellen Lösungen verabschieden.




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